Gründung der ersten neuapostolischen Gemeinde in Süddeutschland
Die Gemeinde Schopfheim wurde als erste Gemeinde der heutigen Gebietskirche Süddeutschland
gegründet: Stammapostel Friedrich Krebs hielt am 1. Mai 1896 einen Gottesdienst im Gasthaus
„Löwen“ in Gündenhausen (seit 1841 nach Schopfheim eingemeindet) und versiegelte acht Gläubige.
Wie war es dazu gekommen? 1893 hatte der neuapostolische Glaubensbruder Richard Nordmann
aus Norddeutschland seinen Arbeitsplatz verloren. Erst nach langem Suchen fand er in der Schweiz
wieder Arbeit. Bei einer Versammlung des Christlichen Vereins Junger Männer (CVJM) in Zürich erzählte
er, dass es wieder wie zur Zeit Jesu lebende Apostel gebe. Darüber entstand große Unruhe,
und man trieb ihn kurzerhand aus dem Raum. Es gab allerdings auch Interessierte.
Am selben Abend noch traf er einen seiner Zuhörer wieder, Johannes Baumann aus Winterlingen
in Württemberg. Mit ihm konnte er ein intensives Glaubensgespräch führen, dem viele weitere
folgten. Denn das Gehörte ergriff Johannes Baumann so, dass er 1894 in das 700 km entfernte
Wolfenbüttel reiste, um von Apostel Friedrich Krebs versiegelt zu werden. Wieder in die Schweiz
zurückgekehrt, erzählte er begeistert jedem, der es hören wollte, von dem, was er erkannt und erlebt
hatte. Schon 1895 besuchte Apostel Krebs erstmals die Schweiz und hielt den Pfingstgottesdienst
in Zürich. Johannes Baumann wurde zum Diakonen ordiniert.
Doch schon bald zwangen die schlechten Arbeitsverhältnisse in Zürich Johannes Baumann, die
Schweiz zu verlassen. In seiner Not zog er zu seiner im Kreis Lörrach verheirateten Schwester. Bald
fand er wieder Arbeit und begann seiner Schwester und ihren Bekannten von seinem Glauben zu
erzählen. So kam es, dass am 1. Mai 1896 Stammapostel Krebs am Badischen Bahnhof in Basel
vom Pferdefuhrwerk der Familie Taglioretti abgeholt wurde. Nach mehrstündiger Fahrt – der Stammapostel
saß meist mit einem der Kinder der Familie auf dem Kutschbock – kam er in Gündenhausen
an, feierte dort Gottesdienst und spendete die Sakramente: der Beginn der Neuapostolischen
Kirche in Süddeutschland!
Entstehung des heutigen Ältestenbezirks Lörrach
Im November 1897 wurde Priester Gottlieb Rauser – auch er aus Württemberg – als Vorsteher der
neu gegründeten Gemeinde Basel beauftragt. Zusammen mit dem gleichfalls aus Württemberg
stammenden Unterdiakonen Peter Obergföll betreute er auch die Gemeinde Schopfheim. So steht
die Entstehung der Neuapostolischen Kirche in Südwestdeutschland in enger Verbindung mit ihrer
Geschichte in der Schweiz.
Der Erste Weltkrieg brachte große Rückschritte für die Gemeinden Südbadens mit sich: Viele Amtsträger
wurden zum Militär eingezogen, die Gemeinde Schopfheim hörte zeitweise auf zu bestehen.
Doch nach Ende des Krieges ging die Entwicklung weiter: Bezirksältester Franz Hopfer aus Basel bemühte
sich, die südbadischen Gemeinden zu neuem Leben zu erwecken. 1920 wurde Priester Wilhelm
Eichin aus Lörrach beauftragt, in Schopfheim wieder Gottesdienste zu halten. In rascher Folge
entstanden zahlreiche Gemeinden im heutigen Bezirk Lörrach.
1924 wurde ein eigener Apostelbezirk Baden mit Sitz in Karlsruhe gegründet. Die Gemeinden Südbadens
blieben – nicht zuletzt ihrer gemeinsamen Entstehungsgeschichte wegen – bis zum Machtantritt
der NSDAP 1933 in Deutschland eng mit der Kirche in der Schweiz verbunden. Am 1. Oktober
1933 wurden sie dem Apostelbezirk Karlsruhe angegliedert. 1933 setzte der nun auch für Südbaden
zuständige Bezirksapostel Hartmann Hirte Eichin von Lörrach zum Bezirksältesten und Vorsteher
des neu gegründeten Bezirks Südbaden.
Die weitere Geschichte der Gemeinde Schopfheim
Bereits 1923 wurde Priester Eichin von seiner Aufgabe in Schopfheim entbunden, um seiner Heimatgemeinde
Lörrach wieder in vollem Umfang zur Verfügung zu stehen. An seiner Stelle wurde
der spätere Bezirksevangelist Eugen Herrmann Vorsteher der Gemeinde Schopfheim. Diese Aufgabe
versah er bis zur Rückkehr in seine württembergische Heimat im Jahr 1935.
Die Jahre des Wiederbeginns waren von häufigem Wechsel der Versammlungsorte gekennzeichnet.
1934 konnte an der Ecke Bismarck-/Karlstraße endlich eine kleine Kirche gebaut werden. Über
zwanzig Jahre diente sie der Gemeinde. Die Geschichte der Gemeinde Schopfheim in der Zeit des
nationalsozialistischen Regimes war wie in anderen Teilen des Deutschen Reiches auch geprägt
vom Versuch der Bewahrung religiöser Selbständigkeit unter den Bedingungen einer Diktatur. 1935
bis 1939 war Priester Ernst Zimmermann Gemeindevorsteher. Als er bei Kriegsbeginn zum Militär
eingezogen wurde, wurde Evangelist Friedrich Zinsmaier (seit 1941 Hirte) als Vorsteher beauftragt.
Die Jahrzehnte nach dem Ende der Diktatur und des Zweiten Weltkriegs brachte den neuapostolischen
Gemeinden wie auch den anderen christlichen Kirchen einen großen Zuwachs. Zum einen
versprachen sie den Menschen Neuorientierung, zum anderen kamen viele Flüchtlinge und Vertriebene
aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten auch nach Südbaden. Als Hirte Zinsmaier
1951 starb, übernahm Bezirksältester Eichin nochmals die Aufgabe, die Gemeinde zu leiten. 1953
wurde der spätere Hirte Hans Heß Gemeindevorsteher. In seine über dreißigjährige Amtszeit fallen
die Selbständigkeit der Gemeinden Maulburg und Wehr und der Bau zweier Kirchengebäude: 1954
wurde eine Kirche in der Goethestraße gebaut, und – als diese den gewachsenen Ansprüchen nicht
mehr genügte – 1981/82 die heutige Kirche in der Tilsiter Straße. Die Zeit der „Botschaft“ des
Stammapostels Bischoff in den fünfziger Jahren führte zu einer Abschließung der Kirche nach außen.
Erst ab den achtziger Jahren gelang es, die Kirche zu öffnen.
1983 wurde der langjährige Vorsteher Hirte Heß in den Ruhestand versetzt. Sein Nachfolger wurde
Evangelist, seit 1986 Hirte Gerhard Brunke aus Karlsruhe. Als er 1990 als Bezirksvorsteher beauftragt
wurde, trat seine Nachfolge Hirte Erich Zimmermann an, der die Gemeinde 17 Jahre lang leitete.
Am 15. Juli 2007, seinem 65. Geburtstag, trat er in den Ruhestand. An seine Stelle trat bis
2015 Evangelist Peter Weiermann aus Zell i.W. Im Dezember desselben Jahres wurde Hirte Olf
Krumm aus Weil am Rhein neuer Vorsteher. Schon gut zwei Jahre später wechselte Hirte Krumm
als Vorsteher in die Gemeinde Lörrach, und Evangelist Johannes Schwald wurde als Vorsteher der
Gemeinde Schopfheim beauftragt. In seine Amtszeit fallen die Zusammenführung der Gemeinden
Wehr (selbständig seit 1950) und Zell i.W. (selbständig seit 1958) mit ihrer Ursprungsgemeinde
Schopfheim.
Das Jubiläumsjahr war von der Corona-Pandemie geprägt. Es wird deshalb erst ab heute – dem
126. Geburtstag der Gemeinde – gefeiert. 2022 hat die Gemeinde 269 Mitglieder und fünf priesterliche
Ämter sowie zwei Diakone. Die Jubiläumsaktivitäten stehen unter dem Motto „Dankbarkeit“
und dem Bibelwort, das Stammapostel Richard Fehr seiner Predigt in Schopfheim am 19. März
1995 zugrunde legte: „Fürchte dich nicht, liebes Land, sondern sei fröhlich und getrost; denn der
HERR hat Großes getan.“ (Joel 2, 21)